Heckentag Schweiz vergrössert den Wildheckenbestand in der Schweiz, damit unsere Wildtiere und -pflanzen mehr Lebensraum erhalten. Wildhecken, Waldränder und Bachböschungen schaffen abwechslungsreiche, strukturreiche Angebote und fördern die Artenvielfalt. Heckentag Schweiz vernetzt Ressourcen und schafft eine Plattform für Heckenwissen und -förderung. Der schweizweite Heckentag am letzten Samstag im Oktober sensibilisiert die Bevölkerung und lädt zum Mitmachen ein.
Was ist eine Wildhecke?
Eine wertvolle Wildhecke besteht aus unterschiedlichen, einheimischen Sträuchern, die Blüten, Früchte und Dornen tragen. Die Bestockung der Hecke ist mindestens 2 Meter breit, strukturreich und beidseitig von einem Krautsaum umgeben. Wildhecken prägen das Landschaftsbild positiv und sind oft am Rand genutzter Flächen wie Landwirtschaftsland und Gärten zu finden. Sie vernetzt verschiedene Lebensräume miteinander. Für bis zu 10’000 Tierarten ist die Wildhecke ein wichtiger Lebensraum und wird als Versteck, Nahrungsquelle und Nistplatz genutzt.
Aufbau
Im Querschnitt zeigt die Wildhecke einen mehrstufigen Aufbau: Der Kernbereich wird von hohen Wildsträuchern und allenfalls einzelnen Bäumen geprägt. Rundherum folgt die Mantelzone mit niedrigeren Sträuchern. Durch das Pflanzen von beerentragenden Dornensträuchern bildet sich ein geschützter Heckeninnenraum. Die Beeren bieten im Herbst und Winter Nahrung für Vögel und andere Tiere. Rund um die Hecke verläuft ein 3-6 m breiter extensiver Krautsaum mit vielfältigen Wiesenblumen und -gräsern, die höchstens 2x im Jahr geschnitten werden. Der Krautsaum ergänzt das Nahrungsangebot der Wildhecke optimal und beherbergt viele kleinere Tiere wie Kleinsäuger, Insekten, Reptilien und Amphibien. Kleinstrukturen wie Ast-, Stein- und Laubhaufen bieten zusätzliche Wohn- und Versteckmöglichkeiten.
Pflege und Unterhalt
In den ersten Jahren nach der Pflanzung müssen die Sträucher freigemäht und ggf. vor Wildverbiss und Fegeschäden geschützt werden. Nach ungefähr 5-10 Jahren (je nach Pflanzart) braucht es den ersten Schnitt. Der Pflegezeitpunkt kann situativ bestimmt werden und nicht nach einem bestimmten Turnus. Nötig ist ein Schnitt dann, wenn langsamwachsende Arten verdrängt oder die Ziele der Hecke nicht mehr erfüllt werden. Wichtig ist, nicht mehr als ein Drittel der Hecke auf einmal zu pflegen, damit sich die Tiere in die restliche Hecke zurückziehen können. Eingriffe während der Brutzeit der Vögel von Mitte März bis Ende Juli sind verboten. Am besten erfolgt der Gehölzschnitt also im Spätherbst oder Winter. Hingegen sollten im Winter Holz- und Steinhaufen in der Hecke in Ruhe gelassen werden, da dort Kleintiere überwintern.
Einheimische Sträucher und Bäume
Es gibt eine Vielzahl einheimischer Sträucher und Bäume für Wildhecken. Hier folgt eine Auswahl an Pflanzen mit hohem ökologischen Wert, absteigend sortiert nach der Anzahl Tiere, die sie nutzen.
Quelle: öko-forum Umweltberatung Luzern, 2010. Stichwort Wildsträucher. Stadt Luzern
Sal-Weide Salix caprea
Weissdorn(!) Crataegus monogyna / laevigata
Schwarzdorn Prunus spinosa
Schwarzerle Alnus glutinosa
Wildrosen Rosa villosa, R. spinosissima, R. gallica, R. tomentosa, R. arvensis, R. glauca, R. rubiginosa, R. majalis, R. canina, R. pendula, R. dumalis
Hasel(s) Corylus avellana
Vogelbeere(!) Sorbus aucuparia
Brombeere(b) Rubus sect. rubus
Wildapfel(!) Malus sylvestris
Faulbaum(b) Rhamnus frangula
Schwarzer Holunder Sambucus nigra
Rote Heckenkirsche Lonicera xylosteum
Kreuzdorn Rhamnus cathartica
Traubenkirsche Prunus padus
Hartriegel Cornus sanguinea
Pfaffenhütchen Euonymus europaeus
Gemeiner Schneeball Viburnum opulus
Wolliger Schneeball Viburnum lantana
Feldahorn Acer campestre
Mehlbeere(!) Sorbus aria
Legende:
(b) spätblühende Arten, die für Wildbienen und Bienen besonders wichtig sind
(s) schnellwachsend, nur wenig pflanzen
(!) Achtung Feuerbrand, Pflanzung in gewissen Kantonen verboten
Wer lebt in der Wildhecke?
Die Wildbiene
Neben der Honigbiene gibt es in der Schweiz über 600 Wildbienen-Arten mit unterschiedlicher Lebensweise und vielfältigem Aussehen. Sie erfüllen als Bestäuber eine wichtige Rolle, die Hälfte der Arten ist aber vom Aussterben bedroht. Viele Wildbienen leben solitär: Jedes Weibchen baut ihr eigenes Nest und versorgt ihre Brut selbständig. In ihrer Nähe benötigt sie ein passendes und reichhaltiges Nahrungsangebot sowie Nistplatz und Baumaterial. Eine Wildhecke mit Krautsaum ist daher ein wertvoller Lebensraum. In der Wildhecke anzutreffen ist z.B. die Weissdorn-Sandbiene, die Dreizahn-Stängelbiene oder die Helle Erdhummel.
Das Hermelin
Dieses kurzlebige Kleinraubtier ist schweizweit verbreitet. Es hält sich am liebsten in strukturreichen Wiesen und Weiden auf, weil seine Hauptnahrung Wühlmäuse sind. Der schlanke Körper erlaubt die Jagd in den Mausgängen, verursacht jedoch einen grossen Wärmeverlust, der das Hermelin jeden Tag mit dem Verzehr von 1-2 Wühlmäusen ausgleichen muss. Zur zahlreichen Fortpflanzung werden auch neugeborene Weibchen begattet. Wildhecken dienen dem Hermelin als Deckung, um sich geschützt vor Feinden wie Greifvögeln oder Reihern und Storchen fortzubewegen.
Länge: ca. 30 cm + Schwanz ca. 15 cm
Im Sommer oberseits braun, im Winter weiss.
Die Schwanzspitze (Quaste) ist stets schwarz.
Westliche Blindschleiche
Die Blindschleiche kann bis 40 Jahre alt werden und ist keine Schlange, sondern eine Echse ohne Beine. Sie lebt in feuchten Lebensräumen, Wildhecken und Kleinstrukturen und ist in der ganzen Schweiz anzutreffen. In Acht nehmen muss sie sich vor Vögeln und räuberischen Säugetieren, selber frisst sie am liebsten Nacktschnecken und Regenwürmer. Da sie sich so gut versteckt, ist ihre genaue Lebensweise wenig erforscht. Bekannt ist, dass die Blindschleiche keine Eier legt, sondern bis zu 20 junge Blindschleichen lebend gebärt.
Länge: ca. 35 cm
Gegenüber Schlangen hat die Blindschleiche gänzlich glatte Schuppen und bewegliche Augenlider.
Die Grundfarbe ist silbergrau bis kupferfarben, Jungen und Weibchen mit dunklen Anteilen (Rückenstreif, Flanken, Unterseite).
Der Neuntöter
Den Winter verbringt der Neuntöter in Ost- und Südafrika. Im Brutgebiet bevorzugt er sonniges Wiesland mit dornigen Büschen oder Hecken. Mit seinem Hakenschnabel erbeutet er vor allem Grossinsekten, die er bei Überfluss auf Dornen gespiesst als Vorrat hält. Auf der Jagd vollführt er auffällige Stoss-, Steig- oder Rüttelflüge. Das Nest wird bevorzugt im Dorngebüsch gebaut, um die Brut vor Sperber, Falken und Krähenvögeln zu schützen.
Höhe stehend: ca. 17 cm
Kräftige Erscheinung u.a. durch Schnabel mit Hakenspitze.
dunkle Augenbinde, braune Armdecken.
Männchen kontrastreich gefärbt, Weibchen tarnfarbig mit gebänderter Unterseite.
Weitere Steckbriefe folgen
Kleinstrukturen für die Hecke
Wildhecken mit Kleinstrukturen zu ergänzen ist sehr sinnvoll. So können mehrere Lebensräume miteinander verbunden werden. Kleinstrukturen bieten Wohn- und Versteckmöglichkeiten, Sonnenplätze und Nahrung für Insekten, Amphibien, Reptilien und Kleinsäugetiere. Die folgenden Strukturen können alle mit Wildhecken kombiniert werden:
- Steinhaufen
- Asthaufen
- Laubhaufen
- Grashaufen
- Totholz (stehend & liegend)
- Sandlinse
- Pfützen & Tümpel
Für eine detaillierte Beschreibung der Bauweise und Funktion dieser Kleinstrukturen siehe: Kapitel Biodiversität von Tschäppeler und Hasliger, 2021. Praxishandbuch Biodiversität. Natur braucht Stadt – mehr Biodiversität in Bern. Stadtgrün Bern.
Illustrationen: Samira Oschounig